Der Aufstieg. Ein feministisches Gedicht

Ich habe in mir etwas stecken, 
das heißt "steige auf, steige auf, denn von oben
kannst du den Himmel sehen".
Dafür tret' ich nach unten und zu allen Seiten,
um nur ja höher und höher hinauf zu steigen.
Ich steige und steige, 
im Ohr noch die Worte:
Verpasst du den Aufstieg, 
dann fehlen dir Orte,
ja, dann ist alles dahin.

Und so steig ich und steige, immer höher dahin,
links liegen Leichen, und rechts der Sinn
komm' schneller und schneller, 
noch höher hinaus.


Jetzt bin ich oben
und kann nichts mehr seh'n - 
die Luft, die Luft, sie wurd' mir genommen, 
ich kann kaum noch steh'n.

Bin schneller und schneller immer höher gekommen - 
nun kann ich nicht mehr.
und um mich herum, 
da ist alles leer..
kein Mensch 
keine Seele
kein Sterbenswort
ganz allein an der Spitze - 
was will ich denn dort?!


Die Aussicht ist schön, doch kaum zu bewundern
denn mir fehlen die Menschen,
denen ich all diese Wunder
beschreibe, erzähle, vergleiche, erschwärme.

Und all dies ist nichts.
Ohne Menschen
ohne teilende Herzen
fühl' ich nur Leere.


War das die Lehre,
ist das der Sinn?
Den zu suchen ich irgendwann ausgezogen bin?

Ich halte ein. Und kehre um.
All dies hier, nein, ist nicht MEIN Traum.
Ich will nicht wo alleine steh'n
als Sieger reich, doch ohne zu seh'n.

So setz' ich mich an einen Baum
und hör auf meinen Atem 
der langsam wieder fließt.


Die And're kommt vorbei,
sie schaut mir fragend ins Gesicht.
Ich sag ihr:
Nein, der Aufstieg lohnt sich nicht.

Jetzt lachen wir und spielen Karten. 
Und können kaum auf morgen warten.

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