Ich habe heute einen Fisch getötet. Das mag für Angler jetzt ein bisschen lahm klingen. Aber ich habe noch nie einen Fisch getötet.
Er war verletzt und still, bewegte sich kaum noch, und ich hielt es für richtig, ihm längere Schmerzen zu ersparen. So entnahm ich ihn dem Aquarium meines Sohnes und tat, was getan werden musste. Ein komisches Gefühl.
Früher beobachtete ich oft die Hände unserer Kochhilfe, von uns Kindern auch zärtlich „Trunzi“ genannt (ich wuchs in einem Riesenhaushalt von 20 Leuten auf), wie sie beizeiten geschickt tote Tiere (Hähnchen, Fisch) zum Essen zubereiteten. Ihre Hände schienen so stark, so fest, so bestimmt in dem, was sie taten, wie sie den toten Körper eines Huhns wuschen, zubereiteten, ausnahmen. Aber nicht nur das – auch beim Backen, bei allem, schienen diese Hände so zupackend, so sicher in dem, was sie taten und wie sie es taten. Und ich war mir nicht sicher, ob meine kleinen Hände jemals so bestimmt im Umgang mit dem Tod, aber auch mit dem Alltag sein würden. Ich war froh um diese starken Hände. Sie konnten halten, sie konnten zupacken und tun.
Nun, heute stand ich dann vor diesem Moment. Es schien mir nicht würdig, den kleinen Fisch noch länger leiden zu lassen – und so mussten meine Hände also. Inzwischen sind sie selber stärker, größer, zupackender. Auch wenn ich vermutlich zögerlicher bin, unentschiedener, oft nicht weiß, wie oder warum Menschen Dinge tun. Manchmal frage ich mich, woher diese ganzen Menschen eigentlich wissen, wo sie hin wollen, wenn sie so entschieden ihrer Wege gehen.
Die Sache mit dem Fisch habe ich allein entschieden, und allein getan. Ich bin jetzt an der Reihe, Entscheidungen zu treffen, Dinge zu tun. Ist es das, was man Erwachsensein nennt? Entscheiden und handeln zu können? Einen Weg zu gehen, von dem ich nicht weiß, wo er hinführt, zu gehen, und im Gehen zu sehen, wo ich hin komme und ob ich da sein will.
Und meine eigenen Kinder? Vermutlich sind sie froh, dass jemand die Dinge übernimmt, die sie sich selber noch nicht zumuten. Dass jemand entscheidet, bestimmt und handelt. Dass da starke Hände sind, an denen man sich halten kann, die tun können.
Ich versuch’s. Nicht immer gelingt mir diese Entschiedenheit – denn wer weiß schon, was richtig ist und was falsch!? Aber vermutlich geht es darum gar nicht – ist nicht der Weg das Ziel?
Hallo Raphi, wie schön, dass Du Reginas Hände so intensiv wahrgenommen hast.
Ohne sie hätten wir unseren grossen Haushalt nicht so gut gemanagt.
Überhaupt haben Hände eine starke Ausstrahlung, beim Halten, pflegen, streicheln.
Heute ein Arzt habe ich die Hand meines 89jährigen Vaters gehalten, nun kehrt es sich um, früher hat er meine gehalten.
LIebe Ute, danke für deinen Beitrag.. schön.
wie das Leben sich wandelt! 🙂