Was Worte für mich sind

Es gab eine Zeit, in der ich dachte, dass ich alles kontrollieren kann. Ich dachte, wenn ich nur alles richtig mache, dann… ja, was dann? Dann würde es mir nie schlecht gehen, ich würde immer stark sein und alles im Griff haben. Immer.

Ich habe dazu gelernt. Ich weiß inzwischen, dass es kein Immer gibt. Dass meine Energie und meine Launen, meine Gefühle, nicht zu kontrollieren sind. Dass Schmerz, Traurigkeit, Wut, Angst, all diese „negativen Gefühle“ zum Leben dazugehören. Dass es einfacher ist, sie zuzulassen, als gegen sie anzukämpfen.

Neulich, in einem Moment des Schmerzes, da fühlte ich mich so ohnmächtig. Und ich glaube, das ist das Gefühl, das wir Menschen um alles in der Welt zu vermeiden versuchen. Und dehalb vielleicht versuchen, alles zu kontrollieren, fest zu zurren, einzutüten. Um der eigenen Ohnmacht nicht begegnen zu müssen.

Es half mir, in dem Moment einzusehen, dass ich ohnmächtig bin. Ich kann das wenigste auf dieser Welt kontrollieren, am wenigsten noch meine Gefühle. Sie sind da, wie Sonne und Wolken, Regen und Sturm, die an einem wechselhaften Tag in den Bergen Schatten und Licht auf die Berghänge malen.

Und doch habe ich eine Macht. Ich kann sehen. Ich kann all dies sehen, wahrnehmen, sein lassen. Das ist vielleicht die größte Macht, die ein Mensch haben kann. Und ich habe Worte. Ich kann schreiben, ich kann sprechen. Ich kann meine Gefühle beschreiben, darüber sprechen, kann sie teilen, wenn ich das möchte, oder eben nicht. Aber das Wort (und meine Gedanken) verleihen mir die Macht, das alles zu begreifen, zu verstehen, zu ordnen, in all dem Chaos, das wir Leben nennen.

Mir kommt es vor, als sei das die Kunst des Menschwerdens: Fühlen lernen. Sich des Wortes zu er-mächtigen. Sehen zu lernen. Wirklich sehen. Wirklich fühlen. Wirklich denken. Wirklich sprechen. All das ist für mich ein Lernprozess. Denn wie schwierig ist es manchmal, ein Gefühl oder eine Empfindung in Worte zu fassen. Es braucht Zeit, das, was in uns schlummert, reifen zu lassen. Und eben nicht alles sofort zu zerreden, zu kommentieren, zu bewerten. Und manchmal kann es auch wichtig sein, sich der Macht bewusst zu werden, nichts zu sagen, zu schweigen und Dinge einfach stehen zu lassen.

Im Urbeginne war das Wort…

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