Ich habe Semesterferien. Eigentlich ein Grund, sich zu freuen. Semesterferien, das klingt nach Zeit, nach Platz, nach Ruhe. Stattdessen habe ich das Gefühl, dass in diese Lücke, in diesen Freiraum all das platzt, was mir schon lange bekannt ist, mich aber immer wieder überrumpelt: mein alter, uralter Mindfuck. Das uralte System meines Gedanken, das gesellschaftlich geprägt und von Generation zu Generation weiter gegeben wurde. Gedanken, die, wie Petra Bock in ihrem Buch „Mindfuck“ beschreibt, vermutlich bereits meine Eltern dachten, und deren Eltern, und immer so weiter. Gedanken, die geprägt sind von früheren gesellschaftlichen Strukturen: von Herrschern und Dienern, von Fürsten und Untergebenen und von zahlreichen Kriegen und Katastrophen. Atavismen sozusagen. Die dazu dienen, uns klein zu halten, uns in den Systemen gefangen zu halten. Denn einfacher ist es allemal, sich mit einem System abzufinden, das unveränderlich ist, als ständig dagegen aufzubegehren.
Und irgendwie beschleicht mich das Gefühl, dass das auch ein Männer-Frauen-Ding ist. Ich meine, ich habe drei Kinder zu versorgen, kümmre mich um den Haushalt, mache einen Riesenteil Beziehungsarbeit. Es ist bekannt, dass Menschen Liebe brauchen. Dass unsere Seele sich von Liebe ernährt. Ich gebe meinen Kindern diese Liebe sehr gern! Aber irgendetwas in mir ist ständig auf der Suche nach Effizienz, nach Sichtbarkeit, und fragt „was bringt das?“. Und habe trotzdem bei all dem ein schlechtes Gewissen, dass ich hier zuhause bin, mir es gut gehen lasse und mein armer Mann arbeiten muss.
Ich will mal ganz plakativ sagen: die Wurzel allen Übels liegt in der Erfindung des Besitzes und in dessen Überhöhung zum höchsten Ideal unserer Gesellschaft. Besitz und vor allem: Geld. Denn Geld ist das, was wirklich zählt. Während ich hier zuhause sitze, „Care-Arbeit“ leiste, mich mit tausend Problemen gleichzeitig rumschlage (welches Kind kommt wann nachhause, wer braucht was aufs Schulbrot, wo liegt der Lieblingspulli nochmal, Wohnung aufräumen, Wäsche falten und aufräumen, usw…) und dabei versuche, fokussiert zu bleiben und nicht den Verstand zu verlieren (was vermutlich auch daran liegt, dass es mir schwerfällt, Struktur in dieses Chaos zu bringen), verdient mein Mann Geld, etwas Sichtbares, Greifbares, er erhält Anerkennung und Wertschätzung für das was er täglich leistet.
Ich will mich nicht beschweren, ich bin gerne Mama! Und zuweilen macht es wirklich Spaß: das Spielen mit den Kindern, sie wachsen sehen und das Da-sein für sie.
Ich wünsche mir vielmehr eine Gesellschaft, in der das Stille ebensoviel zählt wie das Laute. In der die Beziehungs- und Hausarbeit genauso wertgeschätzt wird, wie die sichtbare Verdienstarbeit. In der Mütter kein schlechtes Gewissen haben, weil sie „nur“ zuhause sind, sondern diese verdammte Arbeit, die sie machen, gesehen wird!
Also, an alle Mütter da draußen: Hut ab! Ihr könnt stolz sein auf das was ihr täglich leistet! Es erfordert ganz schön viel, die Kinder (wieviele auch immer) auf dem Schirm zu haben, den Haushalt auf die Reihe zu kriegen, und dabei sich selbst nicht zu vergessen.
Macht euch selber glücklich, ohne schlechtes Gewissen, denn erst so könnt ihr für andere da sein.