Was ist in alten Geschichten nicht alles von Heldentaten berichtet, die ein Mensch vollbringen kann. Kriege, Gewalt, Macht, auch große Taten des Ruhmes.. die Liste ist lang.
Inzwischen denke ich, es gibt genau eine Wunderkraft, die wir Menschen haben, und die uns einzigartig macht: unsere Aufmerksamkeit. Und genauso, wie sie, wenn sie geschult ist, eine große Kraft darstellt, ist sie auch unsere große Verwundbarkeit.
Ich denke, Aufmerksamkeit ist so etwas wie unser täglich Brot: wir ernähren uns davon. Ein Gespräch, in dem beide Teilnehmenden völlig präsent sind, bringt Energien zwischen Menschen zum Fließen. Da wirkt Aufmerksamkeit wie ein heilender Saft, der alles übergießt. Wenn mir jemand wirklich zuhört, wirklich und mit wertfreiem Blick präsent ist, dann kann ich Dinge erzähen, die ich sonst eher zurückhalte. Wenn ich hingegen etwas erzähle, und der Gesprächspartner hört nur mit halbem Ohr zu, so hinterlässt das ein Gefühl der Leere, ich komme ins Stocken und verstumme irgendwann.
Neulich ging ein Video viral, in dem man Politikern der AfD beim Besprechen ihrer Taktik zugucken konnte: Es gebe „dieses kleine Fenster im Hirn der jungen Leute, die 90 Minuten, die sie täglich am Bildschirm verbringen. In dieses Fenster müssen wir rein!“ So in etwa lautete die Message. Das ist nichts anderes als Missbrauch der Aufmerksamkeit von Menschen. Hannah Arendt wies bereits darauf hin, wie anfällig wir Menschen in unserem Denken sind. Und dass wir es immer wieder überprüfen müssen, im Zwiegespräch mit uns selbst, ob das, was in unseren Köpfen vor sich geht, das ist, was wir da auch haben wollen.
Nun ist Aufmerksamkeit aber etwas, was Zeit braucht, und nichts, was sich erzwingen lässt. Freiwillig gegebene Aufmerksamkeit, die nicht durch Sensationen oder vermeintliche Wunder manipuliert ist, ist somit etwas unheimlich Wertvolles, und bricht mit allem, was in unserer Welt immer schneller rennt und rattert.
Sie ist aber auch das, was zuerst flöten geht, wenn wir so fürchterlich schnell durch unser Leben rasen.
Und natürlich ist sie nichts, was immer voll da ist, es gibt Momente, in denen man eben keinen Kopf hat, jemandem zuzuhören. Oder nicht voll präsent sein kann.
Aber ich denke es ist dafür umso wichtiger, sich klar zu machen was für einen Schatz wir da in uns tragen, den wir hüten, aber auch schulen und geben können. Und für den wir dankbar sein, den wir wertschätzen können, wenn wir ihn erhalten.
Vielleicht ist die Erinnerung daran, was unsere Aufmerksamkeit kann, vor allem im Miteinander, auch umso wichtiger, wenn man bedenkt, wie zerfasert sie vom ständigen Aufs-Handy-gucken geworden ist. Der Kampf um die Ware Aufmerksamkeit ist durchs Internet regelrecht außer Kontrolle geraten. Umso wichtiger ist es vielleicht, sich klar zu machen, was sie sonst noch kann, außer maximale Aufenthaltsdauern auf irgendwelchen Plattformen zu erfüllen.
Computer und Maschinen haben diese Kraft nicht. Wir brauchen Menschen, wir brauchen es, einander (und uns selbst) zuzuhören und uns (gegenseitig, aber auch selber) zu sehen. Das ist unsere Energie, unser Fließen, unser Sein.
Und jetzt: bedanke ich mich für eure Aufmerksamkeit.;)