Neulich fragte mich eine Bekannter in einem sehr schönen Gespräch, welche denn so meine Lieblingthemen in der Philosophie seien. Ich antwortete wie aus der Pistole geschossen (endlich fragt mich mal jemand!;)): Freiheit, Gott und Seele.
Er fragte daraufhin, was ich denn denke, was die Seele sei. Da kam ich ins Schlingern. Ist die Seele unser Bewusstsein? Oder unsere Energie? Unsere Liebe?
Ich weiß es nicht.
Als ich zu Pfingsten an der Ostsee war, waren wir im Wikingermuseum „Haitabu“ an der Schlei. Hier, an dieser scheinbar unbedeutenden Stelle im Norden Deutschlands lag zu Wikingerzeiten eine florierende Handelsstadt. Heute steht ein Museumsbau mit angeschlossenem Café auf dem Gelände, es gibt ein Freilichtmuseum, in dem HandwerkerInnen die früheren Künste in kleiner Form nachahmen und präsentieren, man kann Bogenschießen auf ein Plastikwildschwein und ein Fußpfad führt bis an die Schlei, wo zwei alte kleine Schiffe an einem großen Steg befestigt sind. Grüne Wiesen, blaues Wasser, Vogelgezwitscher und ziemlich viele Menschen, die sich das alles angucken.
Wir flanierten durch die Räume des Museumsbaus, ich bekam die Ausstellungsstücke eher so am Rande mit, weil ständig eins meiner Kinder mir etwas zeigen, mich etwas fragen oder meine Hilfe bei der Kinder-Museums-Rallye wollte (danke, Museum..), aber schließlich stand ich vor einer Glasvitrine, in der geschnitzte Spielsachen ausgestellt waren. Spielsachen, und Bilder von Dingen auf Holzbrettern. Diese Brettchen waren auf den ersten Blick nichts Besonderes. Es sah mehr nach Zeitvertreib aus, jemand hatte vor vielen hundert Jahren etwas in Holz geritzt. (Damals, als die Menschen noch Zeit in Hülle und Fülle hatten, sich zu langweilen, zu warten, in die Luft zu gucken, zu schnitzen.. aber das ist ein anderes Thema.)
Bei längerer Betrachtung fiel mir jedoch auf, dass all diese Schnitzereien, es waren vielleicht vier oder fünf, ganz unterschiedlich waren. Man konnte richtig sehen, WIE sie gemacht waren. Jedes hatte eine andere Art, einen anderen Schwung, eine andere Qualität.
Eines war sehr akkurat geschnitzt, sehr genau, ein anderes eher leicht und flüchtig wie aufs Holz gehaucht, ein drittes eher „irgendwie“, ungenauer, mit Schwung und schnell fertig gestellt.
Vielleicht hat diese Art, WIE wir etwas tun, etwas mit der Seele zu tun. Vielleicht ist die Seele ja der Schwung in uns, die Bewegung, der Impuls, den wir mitbringen und der uns die Dinge auf eben die Art tun lässt, wie wir sie tun. Ganz auf unsere eigene Art, eher luftig-leicht wie der Wind, oder schwer und mäandernd wie das Wasser. Genau und akkurat oder stark und geformt. Die Arten und Weisen, Dinge zu tun, zu handeln, in die Welt zu treten, sind tausendfach und können gar nicht alle beschrieben werden.
Was ich aber so schön fand an diesen Schnitzereien, war, zu sehen, wie auch nach hunderten von Jahren die Art, wie ein Mensch eine Sache getan hat, noch zu sehen ist. Wie dieser Schwung, diese Bewegung über die Jahrhunderte fort bestand und immer noch Ausdruck der Art und Weise eines Menschen ist, Dinge zu tun.
Wenn man auf die Seele schaut, Menschen als Wesen mit ihrem Impuls, als Seelenwesem sieht und nicht als Rädchen im Getriebe von kapitalistischen Machtstrukturen oder anderen Systemen (sorry für die Polemik;)), dann wird es viel wichtiger, die Art und Weise zu finden, in der sich die Dinge gut für uns selbst anfühlen. Die Art und Weies zu finden, in der wir Dinge tun wollen. Dann ist es nicht so schlimm, „Fehler“ zu machen, denn diese sind letztlich auch Ausdruck unserer eigenen Art und letztlich auch eine Form, uns und unsere „Eigen-Arten“ der Welt zuzumuten. Dann können wir nicht irren, denn wir gehen einfach einen Weg, der unserer eigenen Art entspricht und letztlich Ausdruck des Ureigensten jedes Menschen, ja, jedes Lebewesens auf der Erde ist.
So gesehen wäre es sehr schade, wenn das, was einen Menschen ausmacht, die eigene Art, das eigene Wesen, versteckt, verbogen, unter Verschluss gehalten wird. Denn letztlich macht diese Vielfalt ja unsere ganze schöne weite Welt so bunt und so reich – und ermöglicht uns selbst, unser eigenes Leben so zu leben, wie es uns, unserer Seele entspricht.