Vom Schreiben und vom Lassen

Schreiben ist (Los)Lassen.

Manchmal denke ich, es wäre wieder an der Zeit – den Stift in die Hand zu nehmen und etwas „Produktives aufs Papier zu bringen“. Dann verkrampfe ich mich innerlich auf der Suche nach einem guten Text, nach guten Worten, nach dem besten Bild.

Es gibt verschiedene Arten des Schreibens. Eine ist es, sich hinzusetzen, einen Plan zu machen, und dann drauf los zu konstruieren. Ich glaube, so kann man gut Romane schreiben – stelle ich mir vor.

Solche Texte empfinde ich bei mir selbst als höchst mittelmäßig. Das, was mir am besten gefällt, ist das, was ich wie im Rausch geschrieben habe. Wenn ich es schaffe, den Kopf auszuschalten, und meine Seele und den Himmel aufs Papier fließen zu lassen, dann wird ein Text in meinen Augen schön. Manchmal habe ich das Gefühl, ich müsste mich nur nach allen Seiten aufmachen und die Worte durch mich hindurchströmen lassen. Dann fließen sie von selbst auf das Papier.

Und dann, wenn ich einen besoders guten Einfall habe, dann kommt immer auch die Ausbeutung ins Spiel, das: „oh, daraus kann man aber mehr machen“! „Da geht noch mehr“, „das lässt sich veröffentlichen“, wie ein Goldrausch. Und ich fange an, am Gras zu ziehen, damit es schneller wächst.

So gesehen ist Schreiben immer auch Lernen, mich zu lassen.

Mich und das, was in meiner Seele wächst, zu lassen, wachsen und gedeihen zu lassen.

Schreiben kann man nicht nach der Stechuhr. Fließendes Schreiben oder schreibendes Fließen, das ist etwas, was von allein passiert. Wenn ich mich in Ruhe lasse und nicht in irgendeine althergebrachte Verwertungslogik verfalle.

Also hab ich Brütezeiten. Zeiten, in denen ich auch mal unzufrieden bin. Zeiten, in denen nichts passt, nichts klappt, nichts kommen will. Und Schreibzeiten – Fließzeiten. Zeiten, in denen die Worte aus mir nur so heraussprudeln. Die sind aber meistens nicht so anhaltend, das Brüten ist immer länger.

Eigentlich ganz normal, denk ich. So ist das Leben, so sind die Jahreszeiten, wachsen, werden, reifen und blühen. Vergehen, Verwelken. Absterben. Wachstum braucht Zeit. Werden braucht Zeit, Dunkelheit, Brüten und Raum. Nur leider steht mein Denken, das durch irgendwelche Verwertungs- und Ausbeutungslogiken geprägt ist, dem im Weg. Sobald das Denken einsetzt, schweigt die Seele, die Intuition.

Ich wünsche mir mehr Lassen. Und da wird das Schreiben für mich so heilsam – als etwas, was man nicht ausbeuten kann. Als Sprache der Seele, die eben nicht manipulierbar ist, die sich verweigert, wenn es zu schnell geht und sich dann entfaltet, wenn man sie lässt. Die mäandert, fließt, wie ein breiter, nährender Strom, voller Schleifen, und vielleicht auch sogenannter „Irrwege“.

Denn alles hat seine Zeit.

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