… Angelehnt an den Autonomiebegriff von Beate Rössler und das Buch Alle_Zeit von Theresa Bücker.
Wir sind alle frei, zu tun, zu lassen, was wir wollen. Ja, frei. Doch diese Freiheit – was bedeutet die? Frei im Außen, ja, doch auch im Innern? Bin ich frei, wenn ich alles kann? Oder bin ich frei wenn ich wollen kann?
Ich meine, frei sein heißt: wollen können. Heißt, sich selbst in die Lage zu versetzen, frei sein zu können. Das erfordert als erstes Bedingungen im Außen. Ich kann dann etwas wollen, wenn ich nicht dazu gezwungen bin, 8 Stunden jeden Tag arbeiten zu müssen. Freiheit braucht Zeit. Wenn ich Zeit habe, die ich ohne äußere Vorgaben nutzen kann, so wie ich das möchte, wenn ich kommen lassen kann, was da ist, dann habe ich ein Gefühl von Freiheit. Zweitens braucht es aber auch in uns die Bereitschaft, wollen zu können. Leben in Freiheit braucht in uns selbst das Zulassen der eigenen Wünsche. Erst wenn ich mir erlaube, selbst und in diesem Moment zu leben, so wie ich leben will, dann bin ich frei von alten Mustern, inneren Zwängen und großen frames, in die ich mich irgendwie hineinpasse.
Dann habe ich das Gefühl, wirklich aus dem Innersten meiner Selbst schöpfen zu können, aus dem tiefsten Wollen heraus. Erst, wenn der äußere Druck und der innere Zwang nicht mehr da ist, habe ich die Freiheit, mich zu fragen, was ich will. Erst dann kann ich Wollen.
Manchmal träume ich von einer Welt, in der es Zeit gibt. Oder vielleicht auch: von einer Welt, in der jeder und jede sich die Zeit nimmt, das zu tun, was er oder sie tun möchte oder vielmehr die zeit, die Dinge so zu tun, wie jeder und jede will. (Denn wer, außer uns selbst, kann uns Zeit geben? Vielleicht auch die Politik? Die Wirtschaft? Eigentlich würde es doch reichen, wenn jeder Mensch weniger arbeitet, schließlich haben wir Maschinen, und sind unglaublich viele Menschen auf der Welt!)
Was müsste das für eine Welt sein?? Es wäre eine Welt, in der die Menschen frei sind, das zu tun, was sie tun wollen. In der die Menschen Zeit und Muße haben, in sich hineinzuspüren, wonach ihnen gerade ist – es wären „satte“, zufriedene Menschen, die so handeln können, wie sie gern handeln möchten.
Fraglich natürlich, ob alle Menschen so leben wollen. Manche haben ja auch gern (Zeit)druck.
Aber Zeit… Wenn ich mich so in der Welt umschaue, denke ich manchmal an die Geschichte „Momo“ von Michael Ende. An die grauen Männer, die allen die Zeit wegnehmen und in ihren Zigarren verrauchen. Wenn ich mir all dieses Gerenne anschaue, diese Geschwindigkeit, in der alles passiert, dann fühle ich manchmal den Sog der Hast – und erinnere mich doch gleich daran, was dann in dem Buch Momo passiert.
Momo befreit die Stundenblume. Oder so. Mit Hilfe von Meister Hora. Jedenfalls ist die Moral von der Geschicht‘, dass jeder Mensch seine eigene Zeit hat. Dass jede Stunde, ja, eigentlich jeder Augenblick wie eine Blume ist, die nur in diesem Augenblick da ist. Und die verblüht, vergeht, und so nicht wieder kommt.
Daraus darf natürlich dann nicht der Druck entstehen, dass man jede Minute ausnutzen muss nach einem effektiven Zeitplan. Vielmehr sollte jeder Mensch dazu befähigt werden, sich selbst so zu spüren, dass er oder sie ihre oder seine Zeit fühlt.
Dann kann es wieder fließen. Dann fließt die Zeit, dann fließen wir in der Zeit, dann kommt alles so, wie es seinen Lauf hat. Diesen Lauf zulassen bedeutet auch, sich selbst zu vertrauen, oder auch der Kraft, die allem innewohnt. Der Kraft des Wollens, des Wachsens, des Werdens. Im Jetzt und im Hier.
Aber vielleicht wüssten viele gar nicht was sie mit der ganzen Zeit machen sollen. Vielleicht müssten wir erst wieder lernen, dass es in uns etwas gibt, was uns den Weg zeigt, den nächsten Schritt, die nächste Handbewegung. Vielleicht müssten wir auch lernen, dass es okay ist, auch mal Zeit verstreichen zu lassen. Und vielleicht braucht es dazu auch ein paar Meister Horas – Menschen, die uns helfen, zu unserer eigenen Zeit zurück zu finden.
Naja. Ich muss jetzt los, die Arbeit ruft. Die Kindi-Gruppe meiner Tochter kommt heut zu Besuch, und es ist furchtbar chaotisch hier. Arbeit – ja, das war ein anderes Kapitel.
Bis bald!